Wird die Schweiz ein kleines Deutschland?
Letzthin wurde über die Einführung einer (zusätzlichen) 13. AHV-Rente in der Schweiz abgestimmt. Das Stimmvolk nahm den Vorschlag an und entschied sich damit – eher untypisch für die Schweiz – zu mehr Umverteilung. Nun steht mit der «Prämien-Entlastungs-Initiative» die nächste Umverteilungs-Abstimmung an und die Umfragen zeigen wieder, dass die Befürworter vorne liegen. Ist die Schweiz damit auf dem Weg, ein kleines Deutschland zu werden?
13. AHV-Rente – mehr Umverteilung
Die Schweizer schätzen grundsätzlich ihre im Vergleich zu anderen Ländern grosse Eigenverantwortung und wissen um deren Vorteile. Es scheint jedoch, dass dies nicht mehr für alle Bereiche gilt. Die Zustimmung zur Einführung der 13. AHV-Rente ist ein prägnantes Beispiel dafür. Ohne zu wissen, wie diese Massnahme finanziert werden soll, stimmten 58 % dafür.
Die Probleme der Finanzierung der umlagefinanzierten AHV werden damit grösser. Schliesslich wurden erst vor einigen Monaten das Renteneintrittsalter für Frauen von 64 auf 65 angehoben und die Mehrwertsteuer (zum Querfinanzieren der AHV) erhöht. Beide Massnahmen sollten die AHV fit für die Zukunft machen.
Einkommensabhängige Krankenkasse in der Schweiz
Nun steht bald eine weitere Abstimmung an, die wieder für mehr Umverteilung steht. Ziel der «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» ist es, dass niemand mehr als 10 % seines Einkommens für die Krankenkasse aufwenden muss.
Diese Entwicklungen führen mich zu der Frage: Bewegen wir uns auf ein System zu, das dem deutschen System immer ähnlicher wird? Auf der einen Seite verstehe ich, dass die Krankenkassenprämien für einige Bürger eine grosse finanzielle Belastung sind. Auf der anderen Seite frage ich mich, ob damit auch ein Teil der schweizerischen Eigenheiten, wie die hohe Wertschätzung von Freiheit und Eigenverantwortung, schleichend aufgeben werden.
Was man ausserdem nicht vergessen darf: Schon heute gibt es für einkommensschwache Versicherte mit der Prämienverbilligung eine finanzielle Hilfe, die durch den Steuerzahler finanziert wird.
Eigenverantwortung führt zu Wohlstand
Ich glaube, dass die Wertschätzung für liberale Werte und die Betonung von Eigenverantwortung in der Bevölkerung gesunken ist. Dabei sind es gerade diese beiden Prinzipien, die für den Wohlstand in der Schweiz verantwortlich sind.
Die Eigenverantwortung motiviert beispielsweise Einzelne, in ihre Bildung und Weiterbildung zu investieren, um beruflich erfolgreich zu sein. Dadurch haben sie ein hohes Einkommen, was der gesamten Gesellschaft durch ihre Ausgaben, aber natürlich auch durch ihre Steuern zugutekommt.
Wegen der hohen Eigenverantwortung und den damit einhergehenden niedrigen Steuern und Abgaben bleibt den Bürgern in der Schweiz ein hohes verfügbares Einkommen, was motivierend ist. In Deutschland hört man dagegen das Gegenteil. Im Handelsblatt erschien zu diesem Thema ein Artikel mit dem Titel «Wie der deutsche Sozialstaat Leistung bestraft». Für viele Leute lohnt es sich schlicht nicht mehr, voll arbeiten zu gehen. Sie reduzieren ihre Pensen und stehen finanziell nicht viel schlechter da. Manche gehen sogar so weit und hören ganz auf zu arbeiten.
Die Eigenverantwortung scheint nun auch in der Schweiz in den Hintergrund zu rücken, während die staatliche Umverteilung immer öfter als Lösung für individuelle und gesellschaftliche Probleme angesehen wird. Die Schweiz könnte langsam einem Modell näherkommen, das dem in Deutschland ähnelt.
Freiheit und Eigenverantwortung sind die Stärken der Schweiz
Ich denke jedoch trotzdem, dass die Schweiz weiterhin einen Mittelweg finden wird, um sowohl die Schwachen zu fördern als auch die Werte von Freiheit und Eigenverantwortung hochzuhalten. Denn genau das macht die Stärke der Schweiz aus.
Seit 2016 lebe ich in der Schweiz zusammen mit meiner Schweizer Partnerin. Beruflich bin ich in der Pharmaindustrie bei einem grossen internationalen Unternehmen in Schaffhausen gestartet. Seit 2019 betreibe ich diesen Blog und den gleichnamigen YouTube-Kanal.
Wenn du mehr über mich erfahren möchtest: Auf meiner „Über mich“-Seite findest du meine persönliche Auswandergeschichte und die Hintergründe für diesen Blog.
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