Warum immer mehr Deutsche ans Auswandern denken
Immer mehr Deutsche denken ans Auswandern. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch einige wesentliche Faktoren stechen besonders hervor. In diesem Beitrag möchte ich erläutern, warum so viele Menschen in Deutschland darüber nachdenken, ihrer Heimat den Rücken zu kehren.
Ineffizientes Bildungssystem
Ein häufig genannter Grund für den Wunsch auszuwandern ist das Bildungssystem in Deutschland. Viele Eltern sind zunehmend frustriert über die Mängel im deutschen Bildungssystem. Grosse Klassen, marode Schulgebäude, Lehrermangel und ein oft veralteter Lehrplan tragen dazu bei, dass die Bildungschancen vieler Kinder nicht optimal genutzt werden. Im Vergleich zu anderen Ländern, die in Bildung investieren und moderne pädagogische Konzepte umsetzen, wirkt Deutschland oft rückständig.
Auswandern wegen der hohen Steuer- und Abgabenlast
Deutschland hat die zweithöchste Steuer- und Abgabenlast in Europa, was für die meisten nicht per se schlecht ist. Jedoch steht die Gegenleistung, die man erhält, in keinem Verhältnis. Viele Deutsche schauen daher, welche Länder es in diesem Bereich besser machen. Der Blick fällt dann oft auf die Schweiz, die nicht nur, aber definitiv zu einem grossen Teil deshalb das beliebteste Auswanderungsziel der Deutschen ist. Hier zahlt man weniger Steuern und erhält – was manchen paradox erscheinen mag – einen hervorragend funktionierenden und zudem sehr effizienten Staat.
Altersvorsorge in der Krise
Ein weiterer Punkt, der viele Deutsche zum Nachdenken bringt, ist das Altersvorsorgesystem. Das deutsche Altersvorsorgesystem basiert zwar, wie in den meisten westlichen Ländern, auf einem Drei-Säulen-System, jedoch ist für die meisten Menschen nur eine Säule vorhanden: Die auf dem Umlageverfahren basierende – und daher unter starkem finanziell Druck stehende – Deutsche Rentenversicherung.
Die zweite Säule (berufliche Vorsorge) ist für die allermeisten Deutschen praktisch nicht vorhanden. Die dritte Säule (freiwillige geförderte Vorsorge) kommt für die meisten leider auch nicht in Frage, da die angebotenen Produkte (z.B. Riesterrente) zum einen unattraktiv sind und zum anderen weil aufgrund der hohen Steuer- und Abgabelast von vielen Bürgern kein nennenswerter Betrag auf die Seite gelegt werden kann.
Viele befürchten, und das meiner Meinung nach zurecht, dass ihre Rente später nicht ausreichend sein wird. Andere Länder, wo beispielsweise die zweite Säule stark verbreitet ist und dazu noch über die dritte Säule staatlich gefördert für den Ruhestand vorgesorgt werden kann, bieten daher weit bessere Alternativen.
Marode Infrastruktur
Die Infrastruktur in Deutschland, einst ein Aushängeschild des Landes, macht zunehmend einen mitleiderregenden Eindruck. Marode Brücken, (schlecht) ausgebesserte Strassen und eine in grossen Teilen unzuverlässige und ineffiziente Deutsche Bahn belasten den Alltag vieler Menschen.
Da dieser Niedergang schleichend kam, fällt es manchen erst auf, wenn sie ins Ausland fahren und dort über die gepflegte Infrastruktur staunen oder die Kommentare ausländischer Gäste während der Fussball Europameisterschaft in deutschen Medien lasen. Hier ist auch wieder die Schweiz ein oft genanntes Land, was man sich als Vorbild nehmen könnte, ist doch der öffentliche Verkehr in der Schweiz – auch in ländlichen Regionen – sehr gut ausgebaut und vor allem: pünktlich.
Schlechtere öffentliche Sicherheit
Das subjektive Sicherheitsgefühl in Deutschland hat in den letzten Jahren abgenommen, was nicht zuletzt durch eine Zunahme bestimmter Kriminalitätsformen und das Gefühl der Überforderung der Sicherheitsbehörden verstärkt wird. Andere Länder West- und Mitteleuropas haben zwar auch mit einem Anstieg der Kriminalität zu kämpfen. Jedoch gibt es darunter viele Länder, in denen die Lage deutlich besser ist als in Deutschland. Was sicherlich auch noch zu diesem Punkt hinzukommt, ist das Gefühl, gewisse Dinge in Sachen Kriminalität nicht beim Namen nennen zu dürfen.
Teure Energiepolitik
Steigende Energiekosten, bedingt durch den Ausbau erneuerbarer Energien sowie der gleichzeitige Atom- und Kohleausstieg, belasten die Haushalte. Während viele Deutsche den Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung unterstützen, sehen sie gleichzeitig die damit verbundenen finanziellen Belastungen kritisch. In anderen Ländern wird dagegen eine klügere und umsichtigere Energiepolitik gemacht, was sich mit günstigeren Strompreisen bemerkbar macht.
In Deutschland ist nicht alles so schön ist, wie die Politik es darstellt
Heutzutage können sich Menschen leicht im Internet oder über soziale Medien über das Leben in anderen Ländern informieren. Oft geschieht dies nicht einmal aktiv, sondern passiv, indem ihnen ein Video auf YouTube vorgeschlagen wird oder ihnen ein Reel oder ein Beitrag bei Instagram in ihre Timeline gespült wird. Das führt dazu, dass die Leute ins Grübeln kommen und anfangen, zu vergleichen, was in anderen Ländern Standard ist und was in ihrer Heimat der Fall ist.
Gleichzeitig sind Menschen heute viel mobiler. Es wird mehr gereist, und das nicht nur an die Strände des Mittelmeers, sondern auch für Städtetrips ins europäische Ausland. Vielleicht hat man dort Kollegen oder Freunde, mit denen man sich austauscht, und man stellt fest, dass in Deutschland nicht mehr alles so schön ist, wie die Politik es gerne darstellt.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen die Idee haben, sich für ein besseres Leben im Ausland zu entscheiden und auszuwandern. Ich kann mir vorstellen, dass sich dieser Trend nicht schnell, aber langsam und stetig verstärken wird.
Auswandern – Brain Drain wird zum Problem
Bekanntermassen sind es oft nicht die schlecht qualifizierten Menschen, sondern eher das Gegenteil, die auswandern – und somit in der heimischen Wirtschaft und Gesellschaft fehlen («brain drain»).
Studien belegen, dass im Schnitt etwa 180’000 Deutsche auswandern, während nur etwa 130’000 zurückkehren. Das bedeutet, dass jährlich etwa 50’000 Deutsche dauerhaft im Ausland bleiben. Das mag nicht als viel erscheinen, aber in 20 Jahren sind das eine Million Menschen. Und wohlgemerkt, wir sprechen hier von Deutschen, die oft hochqualifiziert sind: Eine Studie hat gezeigt, dass 76 % der deutschen Auswanderer Akademiker sind.
Seit 2016 lebe ich in der Schweiz zusammen mit meiner Schweizer Partnerin. Beruflich bin ich in der Pharmaindustrie bei einem grossen internationalen Unternehmen in Schaffhausen gestartet. Seit 2019 betreibe ich diesen Blog und den gleichnamigen YouTube-Kanal.
Wenn du mehr über mich erfahren möchtest: Auf meiner „Über mich“-Seite findest du meine persönliche Auswandergeschichte und die Hintergründe für diesen Blog.
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