Grenzgänger Patrick – «Ich werde in die Schweiz ziehen»🇨🇭🇩🇪
«Ich heisse Patrick und bin 26 Jahre alt. Aufgewachsen bin ich direkt an der Grenze und wohne auch noch hier. Ich habe eine Ausbildung bei der Steuerverwaltung in Deutschland absolviert und bin seit Januar 2023 als Sachbearbeiter im Bereich Steuern in einem Unternehmen in Zürich tätig.»
«Derzeit pendle ich diese Strecke jeden Tag, was pro Weg ca. eineinviertel bis eineinhalb Stunden bedeutet. Ich fahre mit dem Auto 20 Minuten bis zum Bahnhof direkt hinter der Grenze und fahre dann von dort noch ca. 50 Minuten mit dem Zug nach Zürich.»
«Um es gleich vorwegzunehmen: Ich würde diese weite Strecke in Deutschland nicht pendeln. Es ist schon ein wichtiger Faktor für mich gewesen, dass auf die SBB sehr grosser Verlass ist, und ich kann diese Verlässlichkeit nach nun bald drei Monaten Pendeln nur bestätigen. Meine grösste Verspätung waren einmal 15 Minuten. Allerdings werde ich auf lange Sicht aus privaten Gründen auch in die Schweiz ziehen.»
Notgroschen aufbauen
«Aus diesem Grund ist es auch erst einmal ein Ziel für mich, von den ersten Gehältern eine gute Grundlage zurückzulegen, von dir immer liebevoll „Notgroschen“ genannt. Ein weiterer Teil meiner Sparrate (200 CHF) geht auf ein Konto für Weiterbildungen, da ich in näherer Zukunft auf jeden Fall eine Weiterbildung machen möchte und ich dabei nicht auf den Arbeitgeber angewiesen sein möchte.»
«Aufgrund meines Bruttogehalts von 74’400 CHF jährlich werde ich in Deutschland schon mit einem der höchsten Steuersätze besteuert. Meine Vorauszahlungen, die ich pro Quartal leiste, betragen jeweils 3’514 EUR. Ich lege deshalb pro Monat 1’200 EUR für diese Zahlung auf die Seite.»
«Somit komme ich im Jahr auf eine hochgerechnete Steuerlast von 14’052 EUR in Deutschland. Alle Werbungskosten sowie auch die Schweizer Quellensteuer in Höhe von 279 CHF (monatlich) werden beim Vorauszahlungsbescheid schon berücksichtigt, weshalb an dem Betrag auch nicht mehr viel herauszuholen ist.»
Ausgaben als Grenzgänger
| Posten | Ausgaben |
| Steuern Deutschland | 1’171 EUR |
| Miete (warm) | 740 EUR |
| Freizeit | 411 EUR |
| ÖV | 307 EUR |
| Supermarkteinkäufe | 250 EUR |
| Treibstoff | 195 EUR |
| Krankenversicherung | 194 CHF |
| Mittagessen (in Zürich) | 150 CHF |
| Autoversicherung | 50 EUR |
| Strom | 49 EUR |
| Zusatzversicherungen | 45 CHF |
| Internet | 40 EUR |
| Handy (CH-Vertrag; EU Unlimited) | 25 CHF |
| Rundfunkgebühren | 18 EUR |
| Streaming-Abos | 17 EUR |
| KFZ-Steuer | 10 EUR |
| Privathaftpflichtversicherung | 5 EUR |
| Gesamt | ca. 3’677 CHF/EUR |
Von den 6’200 CHF brutto bleiben nach Abzug der Schweizer Quellensteuern und Lohnabgaben (PK, AHV etc.) 5’167 CHF netto übrig, die von Patricks Arbeitgeber auf sein Konto überwiesen werden. Da Patrick in Deutschland seinen Hauptwohnsitz hat, ist er ein klassischer Grenzgänger. Aus diesem Grund muss er auch in Deutschland Einkommensteuern bezahlen. Und das nicht zu knapp: Rund 1‘171 EUR (monatlich) fliessen an den deutschen Fiskus. Die Steuern in Deutschland übertreffen sogar die Steuern samt Abgaben (1‘033 EUR), die von Schweizer Seite abgezogen werden.
Umzug in die Schweiz
Ich habe Patrick nach seinen Gründen für den geplanten Umzug in die Schweiz gefragt. Hier seine Antwort:
«Ich habe eine Schweizer Freundin. Aus diesem Grund werde ich auf kurz oder lang auch in die Schweiz ziehen. Das ist eigentlich der Hauptgrund, allerdings möchte ich auch meinen Arbeitsweg ein wenig verkürzen. Aktuell ist geplant, dass ich nach Schaffhausen oder in den Raum Winterthur ziehe. Somit könnte ich noch recht schnell bei meinen Freunden und meiner Familie sein und spare auch ein deutliches Stück an Arbeitsweg.»
Höherer Nettolohn in der Schweiz
Finanziell wird sich bei einem Umzug in die Schweiz für Patrick auch einiges ändern. Die Steuern in Deutschland würden wegfallen. Seine Quellensteuern in der Schweiz würden dagegen etwas höher ausfallen. Zieht es ihn in den Kanton Zürich, kann er mit ca. 465 CHF rechnen, im Kanton Schaffhausen würde er ca. 613 CHF an Quellensteuern zahlen müssen.
Die Fixkosten für das Auto (Versicherung, Strassenverkehrsabgabe) und die Miete werden teurer. Seine variablen Kosten für die Mobilität würden jedoch sinken, da der Arbeitsweg kürzer wäre. Somit müsste er weniger für Treibstoff und ÖV-Billetts zahlen.
Für Strom würde er weniger ausgeben müssen, da Strom hier in der Schweiz (in den meisten Gemeinden) deutlich günstiger ist als in Deutschland. Etwa die Waage halten würden sich die Kosten für Supermarkteinkäufe, da er vermutlich immer noch einiges in Deutschland kaufen würde und er sich dort die Mehrwertsteuer erstatten lassen kann.
Doch auch in Schweizer Supermärkten sind die Preise ja nicht mehr so weit weg von denen in Deutschland. Insbesondere die Discounter wie Aldi, Lidl und Denner, aber auch die grossen Detailhändler wie Migros und Coop mit ihren Eigenmarken bieten viele Produkte zu günstigen Preisen an.
Mehr Geld und mehr Freizeit
Besonders merken wird Patrick das Mehr an Freizeit. Ich kann seine Situation nämlich gut nachvollziehen, bin ich doch selbst einige Jahre von Zürich nach Schaffhausen gependelt. Die gut zwei Stunden pro Tag, die mich das Pendeln gekostet hat, habe ich je länger desto mehr gespürt.
Es nimmt einem einen Teil der Lebensqualität. Ich habe es daran gemerkt, dass ich auf dem Heimweg oft gereizt war, wenn ich nicht gerade aufgrund der Nachtschicht zu müde für klare Gedanken war. Über Kleinigkeiten habe ich mich damals aufgeregt. Wozu natürlich auch das hohe Verkehrsaufkommen seinen Teil dazu beigetragen hat.
Ich denke, dass sich Patricks Lebensqualität durch den Umzug in die Schweiz verbessern wird. Er wird mehr Freizeit und mehr Geld zur Verfügung haben. Aber nicht nur das, denn die örtliche Nähe zu seiner Freundin kann man ja mit Geld kaum aufwiegen.
Hier noch einige weitere Beiträge:
Vorteile und Nachteile als Grenzgänger🇨🇭🇩🇪
Seit 2016 lebe ich in der Schweiz zusammen mit meiner Schweizer Partnerin. Beruflich bin ich in der Pharmaindustrie bei einem grossen internationalen Unternehmen in Schaffhausen gestartet. Seit 2019 betreibe ich diesen Blog und den gleichnamigen YouTube-Kanal.
Wenn du mehr über mich erfahren möchtest: Auf meiner „Über mich“-Seite findest du meine persönliche Auswandergeschichte und die Hintergründe für diesen Blog.
- Wie man mit der Strategie des norwegischen Staatsfonds ein Vermögen aufbauen kann 🇳🇴📈 - 18. April 2024
- 7 Tipps für das Auswandern in die Schweiz - 11. April 2024
- Wird die Schweiz ein kleines Deutschland? - 8. April 2024
