Schweizerdeutsch und Helvetismen für Deutsche 🗣🇨🇭

“Die Schweizer sprechen genauso Hochdeutsch wie wir in Deutschland, nur mit Akzent.” Das habe ich damals gedacht, als ich die Schweiz nur aus dem Fernseher kannte. Erst als ich Tensha kennenlernte, habe ich gemerkt, wie gross die sprachlichen Unterschiede sind, wenn die Schweizer/innen Schweizerdeutsch sprechen. Die erste Zeit habe ich fast nichts verstanden. 😀
Schweizerdeutsch und Helvetismen
In diesem Blogbeitrag schreibe ich über Schweizerdeutsch und Helvetismen und gebe euch einige Beispiele aus dem Sprachgebrauch der Schweizer. Den Blogbeitrag über die vier Landessprachen in der Schweiz – Deutsch, Französisch, italienisch und Rätoromanisch – findest du hier.
Schweizerdeutsch gibt es nicht
Schweizerdeutsch gibt es eigentlich gar nicht. Der Sammelbegriff Schweizerdeutsch wird für die vielen verschiedenen alemannischen Dialekte in der Deutschschweiz verwendet. Im süddeutschen Raum werden übrigens ebenfalls alemannische Dialekte gesprochen. Als ich neu in der Schweiz war, konnte ich auf der Arbeit manche Grenzgänger/innen aus Deutschland nicht direkt als Deutsche erkennen, so ähnlich klang für mich die Sprache der Schweizer und süddeutschen Kolleginnen und Kollegen.
Die gesprochene Sprache unterscheidet sich je nach Region zum Teil sehr stark. Zürich und Bern sind da ein gutes Beispiel. Lediglich 100 km trennen diese beiden grossen Schweizer Städte voneinander. Trotzdem sind die sprachlichen Unterschiede enorm. Jedes Mal, wenn ich mit Leuten aus Bern zu tun habe, muss ich sehr gut hinhören, um wirklich folgen zu können. Geht man dann von Bern aus noch etwas südlicher, nämlich in den Kanton Wallis, bekommt sogar Tensha zwischendurch Fragezeichen in die Augen, weil sie die Einheimischen nicht auf Anhieb versteht.

Schweizerische Endung und Verkleinerungsform “-li”
Typisch für das Schweizerdeutsch ist die Endung „li“ als Verkleinerungsform, gleichzusetzen mit unserem „-chen„ in Deutschland:
Vogel —> Vögeli —> Vögelchen
Hund —> Hündli —> Hündchen
Huus —> Hüsli —> Häusschen
Verniedlichung wird häufiger durch Frauen verwendet
Wie häufig die Verkleinerungsform verwendet wird, hängt von der Person ab. Ich habe den Eindruck, dass besonders Frauen gerne die Verkleinerungsform verwenden. Männer machen das eher seltener. Übrigens gibt es auch einige Wörter, welche auf -li enden, ohne dass im heutigen Sprachgebrauch damit eine Verkleinerung gemeint wäre:
Rüebli —> Karotte
Müesli —> Müsli
Gipfeli —> Croissant
Cüpli —> Glas Champagner
Fränkli – das Fettnäpfchen für Deutsche
Und dann gibt es noch Wörter, bei denen es eben einen bedeutsamen Unterschied macht, ob sie auf -li enden oder nicht, so etwa das Tram (Strassenbahn) vs. das Trämli. Während ein „Tram” überall fahren kann, fährt das „Trämli” immer nur in Basel. Und während ein „Töff” ein Motorrad ist, ist ein „Töffli” immer nur ein Mofa.
Und jetzt noch ganz wichtig für alle deutschen Leser/innen: Nicht verkleinert wird der Franken. “Fränkli” sagen eigentlich nur Deutsche, die lustig sein wollen. Aber Achtung: Da haben die Schweizer dann wenig Freude dran…! 😉
Hochdeutsch ist Fremdsprache für Schweizer
Hochdeutsch (Schriftdeutsch oder auch Standarddeutsch genannt) wird in der Schweiz sehr wohl auch gesprochen. Zum einen wird bei offiziellen Anlässen, im Fernsehen und im Radio Hochdeutsch gesprochen. Zum anderen leben rund 300‘000 Deutsche in der Schweiz. Nichtsdestotrotz ist Hochdeutsch die erste Fremdsprache für die Kinder in der Deutschschweiz. Oft haben Schweizer/innen einen hörbaren Akzent. Allerdings sprechen gerade viele jüngere Schweizer/innen ein wirklich geschliffenes Hochdeutsch, das sich kaum mehr von einem Hochdeutsch aus Deutschland unterscheidet.
Auch im schriftlichen Umgang wird Schweizer Hochdeutsch verwendet. Schweizer Hochdeutsch zeichnet sich durch einige Besonderheiten gegenüber dem „deutschen Hochdeutsch” aus. Es gibt bspw. kein „ß“. Stattdessen wird „ss“ verwendet. In manchen alten Schriften, etwa an Bauernhäusern, kann man jedoch noch das „ß“ sehen.
Und übrigens: Meine Texte werden von einer Schweizerin, nämlich Tensha lektoriert. Natürlich meint sie sich manchmal ein bisschen damit, dass sie als quasi Nichtmuttersprachige dem Deutschen seine Texte korrigiert, lektoriert, streicht, ergänzt, ausschmückt… 😉
Helvetismen
Eine weitere Besonderheit sind die Helvetismen. Dies sind Worte, die vor allem in der Schweiz, teilweise aber auch in Süddeutschland oder Österreich, verbreitet sind. Oft haben sie auch ihren Ursprung im Französischen.
parkieren – parken
grillieren – grillen
Kandelaber – Strassenlaterne
Lavabo – Waschbecken (Schweizerdeutsch: Brünneli)
Zucchetti – Zucchini
Paprika – Paprika Gewürzpulver
Peperoni – Paprika
Traktandenliste – Tagesordnung
Hag – Zaun
wischen – fegen, kehren
Estrich – Dachboden (und nicht wie in Deutschland der Unterlagsboden)
Coiffeur – Frisör
Egli – Flussbarsch
Hühnerhaut – Gänsehaut
Trottoir – Gehsteig
Schweizerdeutsche Begriffe (spezieller Zürichdeutsch)
ufe – rauf
abe – runter
hindere – nach hinten
füre – nach vorne
uhuere / huere – ungeheuer, sehr, mega (z.B.: uhuere tüür – unglaublich teuer)
Und hier natürlich noch meine persönlichen Favoriten:
Ich chumme nöd drus – ich check es nicht
Rappenspalter / Giizgnäpper – Pfennigfuchser / Geizhals
Geile Siech (umgangssprachlich!) – toller Typ
Blöterliwasser – Sprudelwasser
Plagöri (plagieren) – Angeber (angeben)
Und zu guter Letzt: Wenn ein Schweizer sagt, hier sei ja ein „huere Puff”, ist das viel harmloser als es tönt: Er meint lediglich, dass eine grosse Unordnung oder ein Chaos herrscht. „Puff” kann zwar auch in der Schweiz Bordell bedeuten, aber in der Regel wird „Puff” als ein Ausdruck für Chaos verwendet – sagt Tensha.
Schweizerdeutsch für Deutsche
Die Quintessenz von diesem Artikel: Ein bisschen verstehen solltest du das Schweizerdeutsche schon, wenn du dich hier integrieren willst. Gelernt wird am besten “by doing”. Tensha spricht vor allem Schweizerdeutsch, wenn sie sauer ist. Da gilt es dann schnell viel verstehen zu müssen – im eigenen Interesse.
Nachdem ich an einem Familienfeier Tenshas drei Onkeln und ihrem Vater gegenübersass, von denen jeder auf seine Art Schweizerdeutsch sprach, hatte ich persönlich meine Feuertaufe; schwieriger ist es seither nie mehr geworden mit der Sprache. Wer keine Familienfeiern in der Schweiz in Aussicht hat, kann übrigens seit einigen Jahren Schweizerdeutsch auch in Kursen lernen um möglichen Sprachschwierigkeiten vorzubeugen.

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2 Responses
Dürrenmatt und Helvetismen:
Den bekanntesten Niederschlag hat die schweizerische Prägung seiner Sprache in einer Szene aus der Komödie «Romulus der Grosse» gefunden, wo der Titelheld den Diener, der auf «Frühstück» besteht, so zurechtweist: «Das Morgenessen. Was in meinem Hause klassisches Latein ist, bestimme ich.» Diesen Satz baute Dürrenmatt erst ein, weil auf einer Probe ein deutscher Schauspieler statt «Morgenessen» eben «Frühstück» sagen wollte. Es geht hier nicht um Dialekt: «Zmorge» stand nicht zur Diskussion. «Morgenessen» ist Hochdeutsch, nur eben im Duden als «schweizerisch» markiert, ohne den Zusatz «mundartlich». Es ist ein Helvetismus, und es gibt keinen Grund, ihn zu meiden, denn er ist auch für Norddeutsche problemlos verständlich.
Danke für den Kommentar.