Arm trotz Arbeit? Was Deutsche von den Schweizern lernen müssen

Während in Deutschland viele trotz guter Jobs kaum Rücklagen haben, bauen die Nachbarn in der Schweiz über die Jahre beeindruckende Summen auf. Zufall? Kaum. Hinter dem Vermögensunterschied stehen klare strukturelle Unterschiede – beim Sparverhalten, in der Steuerpolitik, bei der Altersvorsorge und nicht zuletzt in der Mentalität. In diesem Beitrag zeige ich dir, warum die Schweizer im Schnitt reicher sind – und was Deutschland davon lernen könnte.
Durchschnitts- und Medianvermögen im Vergleich
Werfen wir einen Blick auf das durchschnittliche und das mittlere Vermögen (Medianvermögen) in beiden Ländern. Der «Global Wealth Report 2023» der UBS zeigt: In der Schweiz liegt das durchschnittliche Vermögen pro Erwachsenen bei 685’230 US-Dollar. In Deutschland sind es weit weniger als die Hälfte – nämlich «nur» 256’180 US-Dollar.
Die Schweiz liegt im Ranking des Durchschnittsvermögens auf Platz 1. Deutschland kommt immerhin auf den 16. Platz.
Deutlich wird der Unterschied auch beim Medianvermögen. Hier liegt die Schweiz bei 173’923 US-Dollar pro erwachsene Person, während Deutschland auf 71’277 US-Dollar kommt.
Im Ranking des Medianvermögens schafft es die Schweiz damit auf den 6. Platz. Deutschland ist hingegen nicht mal in den Top 20.
Sparquote im Vergleich
Die OECD vergleicht jährlich die Sparquoten ihrer Mitgliedsländer. Dabei wird gemessen, wie viel Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens im jeweiligen Land durchschnittlich gespart wird. Natürlich ist die Sparquote nicht der alleinige Grund für den grossen Unterschied bei den Vermögen – entscheidend ist auch, wie das Geld investiert wird. Aber dennoch ist die Sparquote das, was den Vermögensaufbau erst möglich macht.
Aktuell liegt die Sparquote in der Schweiz bei 19,3 %. Damit liegt die Schweiz auf dem ersten Platz unter den OECD-Ländern. Auf Platz zwei folgt – weit abgeschlagen – Schweden mit 13,3 %. Deutschland befindet sich eher im Mittelfeld mit einer Sparquote von 11,1 %.

Warum sparen die Schweizer deutlich mehr? Dafür kann es mehrere Gründe geben: vielleicht, weil sie im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten mehr verdienen – oder weil Steuern und Abgaben niedriger sind. Genau diese Punkte schauen wir uns im Folgenden näher an.
Steuern und Abgaben
Ein weiterer entscheidender Unterschied betrifft die Steuern und Abgaben. In der Schweiz sind sowohl die Einkommenssteuern als auch die Sozialabgaben im Vergleich zu Deutschland – und vielen anderen Ländern – deutlich niedriger.
Während in Deutschland der Spitzensteuersatz in Höhe von 42 % bereits bei einem steuerbaren Einkommen von 68’481 Euro (2025) greift, wird der Spitzensteuersatz in der Schweiz erst bei deutlich höheren Einkommen fällig: je nach Kanton oft erst ab 250’000 bis 300’000 Franken (267’000 bis 321’000 Euro). Zudem liegt der Spitzensteuersatz oft (je nach Wohnort) deutlich tiefer als in Deutschland.

In der Schweiz gibt es hingegen eine Vermögenssteuer. Diese liegt aber nur im Promillebereich und zudem gibt es Freibeträge. Für die meisten Privathaushalte ist sie daher gut verkraftbar bzw. fällt nicht wirklich ins Gewicht.
Lebenshaltungskosten
Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz sind ohne Frage höher als in Deutschland – sei es bei Miete, Dienstleistungen oder Lebensmitteln. Dennoch bleibt vielen Schweizer Haushalten am Monatsende mehr vom Einkommen übrig, wie wir oben gesehen haben.
Statistiken zeigen, dass die Lebenshaltungskosten im Verhältnis zum Einkommen in der Schweiz geringer ins Gewicht fallen als in Deutschland. Dadurch bleibt nach allen Ausgaben mehr Netto übrig – Geld, das gespart und investiert werden kann.
Altersvorsorge als Vermögensbaustein
Ein Vorteil, den Schweizer beim Vermögensaufbau haben, liegt im Aufbau ihrer Altersvorsorge. Die Schweiz setzt nämlich stark auf das Kapitaldeckungsverfahren über die zweite Säule (Pensionskasse). Arbeitnehmer bauen über ihr Berufsleben hinweg so oft einen sechsstelligen, in manchen Fällen sogar siebenstelligen Betrag auf. Dieses Kapital kann später als Rente bezogen oder (teilweise oder ganz) ausbezahlt werden. In Deutschland hingegen haben nur wenige eine vergleichbare kapitalgedeckte Vorsorge.
Hinzu kommt in der Schweiz die freiwillige Säule 3a, die mit der Riester- oder Rürup-Rente in Deutschland vergleichbar ist – allerdings mit deutlich besseren Bedingungen. Schweizer können jährlich einen bestimmten Betrag einzahlen, der das steuerbare Einkommen senkt. Dieses Geld wird gerne in bspw. Aktienfonds (z.B. ETFs) investiert.
Mentalität & Finanzbildung
In Deutschland herrscht häufig eine starke Sicherheitsorientierung. Viele Menschen scheuen Risiken – vor allem beim Thema Geldanlage. Die Vorstellung, Geld zu verlieren, wiegt oft schwerer als die Chance auf Rendite. Diese Haltung ist historisch erklärbar: Zwei verlorene Weltkriege, zeitweise starke Inflationen, Enteignungen von Auslandsvermögen und wirtschaftliche Unsicherheiten haben Spuren hinterlassen – auch im kollektiven Bewusstsein.
In der Schweiz ist die Mentalität in dieser Hinsicht deutlich anders. Schweizer haben insgesamt weniger Berührungsängste mit Aktien oder anderen Wertpapieren. Schon in der Pensionskasse (2. Säule) wird ein Teil des Vorsorgekapitals – rund ein Drittel – am Aktienmarkt investiert. Viele Schweizer investieren zusätzlich privat: über die Säule 3a, oder über den eigenen Broker in ETFs oder Einzelaktien.
Hinzu kommt ein historisch-kultureller Faktor: Die Schweiz – vor allem die Westschweiz mit Genf als Zentrum – wurde u.a. stark vom Calvinismus geprägt. Diese protestantische Strömung betonte Fleiss, Bescheidenheit und einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld – Werte, die über Jahrhunderte hinweg die Schweizer Mentalität beeinflusst haben. Sparsamkeit, Selbstverantwortung und der langfristige Aufbau von Vermögen gelten hier traditionell nicht als anstössig, sondern als Ausdruck von Disziplin und Lebensklugheit.
Fazit – Wer ist «reicher» – und warum?
Die Schweizer können im Schnitt mehr sparen, investieren langfristig und nutzen die staatlichen Förderungen wie die Säule 3a gezielt aus. Auch die Pensionskasse – bei der der Arbeitgeber mit einzahlt – trägt dazu bei, dass über die Jahre spürbar mehr Vermögen aufgebaut wird. All das sind Vorteile, die die Menschen in Deutschland nicht haben.
Dazu kommen die niedrigeren Steuern und Abgaben in der Schweiz – vor allem auf Arbeitseinkommen. Dafür gilt hier aber auch: mehr Eigenverantwortung. Was in Deutschland über staatliche Stellen oder Sozialversicherungen abgedeckt wird, muss in der Schweiz teils privat finanziert werden. Das schafft Anreize, vorausschauend mit Geld umzugehen.
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